Invocatio

(f.): ›Anrufung‹; Anrufung der Musen, der Götter oder Gottes meist am Beginn von Epen oder Gedichten; auch die Anrufung Gottes oder der Heiligen in der Eingangsformel von Urkunden. Beispiel: Heilig Wesen! gestört hab ich die goldene / Götterruhe dir oft […] (Hölderlin: Abbitte).

hyperkatalektisch

in der antiken Metrik Bezeichnung für einen Vers, dessen letzter Versfuß eine, selten mehrere überzählige Silben hat, v.a. bei Jamben und Anapästen. Vgl. auch katalektisch und akatalektisch sowie Kadenz.

Hymne

(f., auch gr. Hymnos, lat. Hymnus, m.), feierlicher Lob- und Preisgesang zu Ehren eines Helden oder Gottes, meist religiös motiviert. In der gr. Antike Einzel-, Wechselgesang oder Chorlied mit einem meist dreiteiligen Aufbau in Anrufung des Gottes, Erzählung mythischer Ereignisse und Gebet; meist in Hexametern, vgl. auch Dithyrambus. Im Mittelalter Bezeichnung für einen strophisch gegliederten, lat. Lobgesang Gottes im Umkreis der christlichen Liturgie; im Barock noch strophisch gegliedert als Preisgesang auf Gott, Helden, Fürsten, abstrakte Begriffe und Tugenden; in Empfindsamkeit und Sturm und Drang v.a. durch die Hymnendichtung Klopstocks und des Göttinger Hains bedeutsame lyrische Gattung zum Ausdruck von Ergriffenheit und Erhabenheit, hier nicht mehr eindeutig von der Ode zu trennen.

Exodos

(f.), a) Auszugslied des Chors im griechischen Dithyrambus und im antiken Drama (vgl. Chorlied); b) nach Aristoteles schließlich der gesamte, auf das letzte Stasimon folgende Schlussteil des antiken Dramas mit der Lösung oder Katastrophe.

Erhabene, das

komplexer Begriff aus der Dichtungstheorie; Gegenbegriff zum ›Schönen‹, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der europäischen Ästhetik wichtig geworden ist

Epos

griech. ›Wort‹, ›Erzählung‹; narrative Großform in Versen

 

Epanalepse

oder Epanalepsis (f.): rhetorische Figur; Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe innerhalb eines Verses oder Satzes, jedoch nicht unmittelbar aufeinander folgend wie bei der Gemination. Beispiel: Und atmete lang und atmete tief (Schiller, Der Taucher).

Endreim

Reim am Ende zweier oder mehrerer Verse, Bsp.: Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt. / Gerettet alle. Nur einer fehlt. (Fontane: John Maynard). Vgl. auch Binnenreim, Anfangsreim.

Endecasillabo

(m. Pl. Endecasillabi), Elfsilber, gereimter fünfhebiger Jambus mit hyperkatalektischer Endung bzw. weiblicher Kadenz, v.a. in der italienischen Dichtung (Sonett, Stanze, Terzine), Hauptbetonungen auf der 4. oder 6. und immer auf der 10. Silbe, durch (männl. oder weibl., vgl. Kadenz) Zäsur nach der beweglichen Hauptbetonung Zweiteilung des Verses in ungleiche Hälften, ist die 1. Hälfte kurz: Endecasillabo minore, ist sie lang: Endecasillabo maggiore. In dt. Dichtung seit der 2. Hälfte des 18. Jh. (Wieland, Goethe, Heinse, Romantiker). Bsp.: Oh stílle Schaúer, wúnderbáres Schweígen, / wenn heímlich flüsternd sích die Wälder neígen (Eichendorff: Mahnung).

 

Dithyrambus

(m., auch Dithyrambe, f., Pl. Dithyramben), Form der gr. Chorlyrik als mehrteiliges, bei den Dionysien kultisch vorgetragenes Chorlied, Hymne zu Ehren von Dionysos, Ursprung des antiken Dramas (vgl. Chorlied).