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Dieser Text von Claus-Michael Ort (Kiel) beruht auf zwei 2023 gehaltenen Vorträgen:

  • Nach der Literatursoziologie: Literatur und ‚Wissen‘, Universität Münster (Münster 24.1.2023)
  • Text – Wissen – Praxis. Für eine wissenssoziologische Option der Literaturwissenschaft, Slowakische Akademie der Wissenschaften (Institut für Weltliteratur) (Bratislava 27.9.2023)

Auf slowakisch ist der Vortrag 2024 in der Zeitschrift World Literatur Studies 16 (2)  (Hrsg. von Bogumiła Suwara und Jana Tomašovičovà) erschienen. (Link zum Artikel in slowakischer Sprache).

Claus-Michael Ort: Text – Wissen – Praxis

Für eine wissenssoziologische Option der Literaturwissenschaft

Im Folgenden setze ich als minimalen Konsens voraus, dass die Analyse des Bedeutungsaufaufbaus literarischer Texte, also die Rekonstruktion ihrer semantischen Binnenlogik und deren kontextsensible Interpretation nach wie vor eine der Kernaufgaben der Literaturwissenschaft bilden. Und wenn solche Interpretationen einen Beitrag zur Rekonstruktion und Reflexion der Selbstbeschreibungen von Gesellschaften, unserer Gesellschaft, leisten können, dann kommen die Sozialwissenschaften und insbesondere die Wissens- und die Literatursoziologie ins Spiel.

Und wenn Literaturwissenschaft das Wissen der Gesellschaft über die Produktion, Distribution, Wirkung und Funktion von literarisch konstruierten Selbstbeschreibungen von Gesellschaft vermehrt, wächst ihr zugleich eine Mitverantwortung für die semantischen ‚Umwelt‘-Bedingungen zu, unter denen Gesellschaft sich selbst beobachtet (‚Beobachtung‘ mit Niklas Luhmann verstanden als „unterscheidendes Bezeichnen“) [1] – eine Mitverantwortung einerseits für die Ausgestaltung diskursmächtiger Semantiken, der Fremd- und Selbstbilder, der Erzählmuster, mit denen Gesellschaften sich selbst deuten, sich selbst ‚verstehen‘ und bewerten, d.h. kollektive oder gruppenspezifische ‚Sinn‘-Angebote bereitstellen –, und andererseits auch Mitverantwortung für die Kehrseite solcher ‚Sinn‘-Produktionen, nämlich für die damit verbundenen Komplexitätsreduktionen, also z.B. für Identitätskonstruktionen und deren je ausgeschlossenes ‚Anderes‘, ‚Fremdes‘.

Akzeptiert man einen solchen Fluchtweg aus dem Elfenbeinturm selbstgenügsamer Werk-Hermeneutik, bürdet man sich nach dem linguistic turn in den 1960er Jahren und nach dem cultural turn seit den 1980er Jahren die Problemhinterlassenschaften von New Historicism (Stephen Greenblatt), Diskurstheorie (Michel Foucault) und Systemtheorie (Niklas Luhmann) auf – also von Theorieoptionen, die während der Phasen ihrer Hochkonjunktur von der Literaturwissenschaft intensiv rezipiert worden sind.

Die fehlende, von Niklas Luhmann aber projektierte ‚Theorie der gesellschaftlichen Selbstbeschreibung‘ kann vorerst nur ein spekulativer Fluchtpunkt für eine wissenssoziologische Option der Literaturwissenschaft sein. Schon 1995 empfiehlt Luhmann der Wissenssoziologie, eine solche „Theorie der sich selbst beobachtenden und beschreibenden Gesellschaft […] zu formulieren“.[2] Dass der Terminus ‚Wissen‘ zumindest in der deutschsprachigen Literaturwissenschaft zwischen 2000 und 2015 eine kulturwissenschaftliche Mode erlebt hat (Literatur und bzw. Literatur als ‚Wissen‘), die inzwischen abgeflaut ist, kommt einer wissenssoziologischen Option dabei nicht unbedingt entgegen.[3]

Unter den angedeuteten Voraussetzungen (Stichwort: Selbstbeschreibungen einer Gesellschaft) bedarf eine wissenssoziologische Option für die Literatursoziologie aus meiner Sicht zunächst und vor allem einer textbezogenen Literatursoziologie.[4]

Ich werde mich dem Aspekt ‚Wissen‘ von den zwei im Titel genannten Seiten nähern und ihn praxeologisch und textualistisch einkreisen, also in seiner dynamischen, d.h. sozialen Mikro- und Makro-Dimension (zwischen Kognitionspsychologie und Soziologie) und in seiner textualistischen (‚kulturalistischen‘, entpragmatisierten, zeichensystemischen) Dimension beleuchten – beginnend mit ‚Praxis‘.

1. Praxis

1.1. Literatur als Sozialsystem: Kommunikations- und Handlungsfelder

Literatur als seit dem 18. Jahrhundert ausdifferenzierter gesellschaftlicher Handlungsbereich – als kulturelles Subsystem von Gesellschaft, das mit seinen politischen, ökonomischen, rechtlichen und kulturellen Umwelten in Beziehungen steht –, ist von Anfang an Gegenstand einer Soziologie des ‚Sozialen‘ der Literatur, also des Literaturbetriebs, des sogenannten ‚literarischen Lebens‘, seiner Institutionen und analogen und digitalen Medien der Distribution, der Literaturvermittlung – Verlage, Buchhandel, Buchmessen, Literaturpreise, Literaturkritik, Urheberrechts- und Zensurprozesse, Kanonisierung von Werken und Gattungen über Schullehrpläne usf. –, umfasst aber auch eine Soziologie der Autorschaft literarischen Schreibens und seiner Produktionsbedingungen ebenso wie eine Soziologie der Rezeption und Wirkung (des Lesens), also der Rollen „ästhetischen“ und v.a. „literarischen Kommunikationshandelns“, die Siegfried J. Schmidt vor über 40 Jahren in seinem Grundriß der Empirischen Literaturwissenschaft (1980) formuliert hat (Produktion, Rezeption, Distribution, Verarbeitung).[5]

Eine solche synchronische Literatur-Soziologie adaptiert potentiell das gesamte Arsenal sozialwissenschaftlicher Kategorien zwischen Mikro- und Makrosoziologie, also Handlungs-, Normen- und Werte-, Gruppen-, Rollen-, Institutionen-Theorien, Theorien der sozialen Differenzierung und Integration, der Modernisierung und des sozialen Wandels, bei Schmidt auch der damals aktuellen Kognitionsbiologie und -psychologie (Humberto Maturana, Francisco J. Varela). Und insofern es sich um historisch vergangene, also nicht mehr empirisch beobachtbare mikro- oder makrosoziale Prozesse handelt, wird eine diachronische Literatursoziologie genauso wie die Geschichtswissenschaft auf nicht-literarische Textsorten, also auf Quellentexte als Dokumente zurückgreifen müssen.

Die von 1979 bis 1986 existierende Münchner Forschergruppe Sozialgeschichte der deutschen Literatur 1770-1900 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) modelliert diese Handlungs- und Interaktionsbereiche und fraktal auch die je subsysteminternen Austauschbeziehungen und Prozessdimensionen des Sozialsystems ‚Literatur‘ mit Hilfe des Vierfunktionen-Modells des amerikanischen Soziologie-Klassikers Talcott Parsons (1902-1979). Als AGIL-Schema bekannt geworden, umfasst es die folgenden vier bestandswichtigen Funktionsbereiche einer Gesellschaft (Abb. 1): Ressoursenallokation (A: Adaptation – also Wirtschaft), Zielerreichung (G: Goal attainment – Politik / Herrschaft), Integration (I: Integration – Vergemeinschaftung: Erziehungssystem, Rechtssystem) und dauerhafte kulturelle (z.B. moralische) Wertungs- und Deutungsmuster (L: Latency – Religion, Wissenschaft, Kunst / Literatur als Medien der Wertbindung).

Das Funktionsschema der Münchner Forschergruppe situiert das Sozialsystem ‚Literatur‘ in der Funktionsklasse ‚L‘, d.h. im sozial-kulturellen Systembereich (Abb. 2 links unten).

Alle gesellschaftlichen Subsysteme, nicht nur das ‚sozio-kulturelle‘, enthalten intern ebenfalls wieder ‚kulturelle‘ Teilbereiche und somit auch archivierte Spezial-Semantiken, Spezial-Symboliken, konkret also Textmengen unterschiedlicher Gattungen, Genres und Sorten als implizite Selbstbeschreibungen des eigenen Systems. Dem Zurechnungs- oder Bezugsproblem von statischen Zeichensystemen auf gleichsam ‚lebende‘, dynamische Handlungszusammenhänge und umgekehrt – und zwar jenseits einer Widerspiegelung von ‚Basis‘ und ‚Überbau‘ – entgeht also auch dieses praxeologische Prozessschema nicht: Die wissenssoziologische Problemzone von Zeichen- und Sozialreferenz, die auch eine textbezogene Literatursoziologie betrifft, zeigt sich überall dort, wo ‚kulturelle‘, also wissenschaftliche oder künstlerische (‚ästhetische‘) Funktionsbereiche (L) innerhalb der Subsysteme erneut auf ökonomische (A), politische (G) und juristische oder pädagogische (I) Umwelten treffen.

Luhmann würde solche Bereiche und ihre Grenzen bzw. Differenzen zu internen und externen Umweltsystemen als autopoietisch geschlossene Kommunikationszusammenhänge modellieren, was aber das Bezugsproblem nicht löst, das in Parsons‘ hierarchisierenden Schachtelungen sogar noch deutlicher zu Tage tritt. Jan Mukařovský hat schon 1934 auf die post-marxistische Verkomplizierung dieses Problems und auf die beiden drohenden Extrempositionen hingewiesen:

Das Kunstwerk hat daher eine zweifache semiologische Bedeutung, eine autonome und eine kommunikative […]. (S.143)
Ohne semiologische Orientierung wird der Theoretiker der Kunst stets der Versuchung erliegen, das Kunstwerk als rein formale Konstruktion zu betrachten, oder sogar als unmittelbares Abbild sei es der psychischen, sei es der physiologischen Stimmungen des Autors oder der vom Werk ausgedrückten unterschiedlichen Realität bzw. ideologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Situation des jeweiligen Milieus. […]. (S.144/145)
Nur der semiologische Gesichtspunkt erlaubt es […], die autonome Existenz und die grundlegende Dynamik der künstlerischen Struktur zu erkennen und die Entwicklung der Kunst als immanente Bewegung zu begreifen, die sich wiederum in einer stetigen dialektischen Beziehung zur Entwicklung der übrigen Bereiche der Kultur befindet. (S.145).[8]

1.2. Die (Nicht-)Beobachtbarkeit historischer Praktiken und die Beobachtbarkeit von Texten: Das praxeologische Dilemma

Festzuhalten ist also ein doppeltes Problem der Zurechnung:
1. Die Bezugnahme von Zeichensystemen auf dynamische soziale Handlungszusammenhänge, die sich nicht in bloß kausalen (Autor A produziert Text B unter individuellen mentalen und kollektiv sozialen, ökonomischen Bedingungen C) oder mimetischen Beziehungen erschöpft (B bildet C ab, ‚spiegelt C wider‘) und

2. für historische Gegenstandsbereiche außerdem, dass die sozialen Praktiken von Handelnden nicht mehr direkt beobachtbar, ihre Kognitionen nicht mehr zu erfragen, nicht mehr direkt zu kommunizieren sind, sich also empirischer Forschung entziehen.

Die Probleme 1 und 2 tauchen also bereits innerhalb der Praxeologie selbst auf und zwar so, dass sich Praxeologie paradoxerweise genau dann als Theorieoption erweist und weniger als Option empirischer Forschung, wenn historische, etwa literaturgeschichtliche Gegenstandsbereiche betroffen sind.

Gerade weil medial nicht gespeichertes, nicht archiviertes ‚Wissen‘ als Kognition jenseits der Semantik von Text- und Bildquellen kein Gegenstand historischer Forschung sein kann, ist mit dem Soziologen Andreas Reckwitz einzuräumen, dass die

Forschungspraxis der Praxeologie […] selbst – ob sie will oder nicht – Züge einer Analyse von historischen Dokumenten [annimmt], die sie in die Nähe von Diskursanalyse – mit all ihren Problemen – bringt. Umgekehrt gilt: Jene der Diskurstheorie strebt selber auf die Seite der Analyse sozialer Praktiken, eine ‚Kontextes‘ jenseits des ‚Textes‘ hin. […]. […] der Praxeologe sieht sich an das textuelle und artefaktförmige Material der Diskursanalytiker und Semiologen verwiesen.[9]

Und deshalb ist auch Reckwitz‘ Schlussfolgerung zuzustimmen:

Die Frage, um die es im folgenden geht, lautet, ob es sich bei den praxis- und diskursbezogenen Analyseformen tatsächlich um zwei inkommensurable Alternativen handelt oder ob es nicht möglich ist, die beiden gewissermaßen als zwei Seiten des gleichen kulturwissenschaftlichen Analyseprojekts wahrzunehmen (ohne einen – immer unbefriedigenden – ‚Mittelweg‘ zu wählen). Mittlerweile wird zunehmend deutlich, daß ein Gegeneinander-Ausspielen praxeologischer und diskursanalytischer Ansätze sich für die kultur- und sozialwissenschaftliche Forschungspraxis als wenig fruchtbar erweist […].[[10]

Schon im Jahr 2000 schließt Andreas Reckwitz seine Studie Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, worin er den Diskurs der Kultursoziologie von Alfred Schütz, Claude Lévi-Strauss, Erving Goffman bis zu Clifford Geertz, Michel Foucault und Pierre Bourdieu rekonstruiert, mit der Aussicht auf ein Theorieprogramm ab, welches das Dilemma dieses prekären Doppelverhältnisses von Textualismus und Praxeologie zu überwinden versucht.[11] Es verabschiedet sich von totalisierenden Homogenitätsvorstellungen auf beiden Seiten und verzichtet auf einander inkludierende, wechselseitig hierarchisierenden Übergeneralisierungen zugunsten einer heterarchischen „Interferenz der Methoden: Praxis- und Diskursanalyse“.[12]

Der Schweizer Historiker Philipp Sarasin generalisiert den epistemologisch unvermeidlichen Text- und Medienbezug darüber hinaus konstruktivistisch wie folgt, allerdings ohne deshalb praxeologische, also soziologische Fragstellungen aufzugeben:

Es gibt für uns weder die vergangene Wirklichkeit noch einen rekonstruierbaren ‚Sinn‘ in einem idealen Jenseits der Quellen. Die Beschreibung und Analyse der Vergangenheit kann sich daher von der Beschreibung und Analyse der Quellen nie lösen, […]. Was so in den Blick gerät, ist dennoch kein beliebiges, angeblich ‚postmodernes’ Spiel von Texten, die ohne Wirklichkeitsbezug nur noch wechselseitig auf sich selbst verweisen, sondern [sind] konkrete, gesellschaftlich verortbare Formen und Verhältnisse von Medien und Kommunikation, von Informationsverarbeitung und Sinnproduktion.[13]

Zwar erinnert diese Position durchaus an die Sprachphilosophie Jacques Derridas in De la grammatologie („il n’y a pas de hors-texte“):

Ein Text-Äußeres gibt es nicht. […]. […]. Es hat immer nur Supplemente, substitutive Bedeutungen gegeben, die ihrerseits nur aus einer Kette von differentiellen Verweisen hervorgehen konnten, zu welchen das „Wirkliche“ nur hinzukam, sich lediglich anfügte, wenn es – ausgehend von einer Spur […] – Bedeutung erlangte.[14]

Aber auch Derrida selbst verwahrt sich gegen einen „Textualismus“, der unter Berufung auf die Dekonstruktion „die Welt, die Gesellschaft und die Geschichte mit einer Bibliothek“ verwechsle.[15]

Um aber auch nicht wie der unglückliche, vermeintlich die ‚Wahrheit‘ enthüllende Jüngling in Friedrich Schillers Gedicht Das verschleierte Bild zu Sais (in Die Horen 1795)[16] zu enden, könnte zumindest die folgende Lehre aus Derridas und Sarasins Aussagen gezogen werden: Sich mit den medialen ‚Schleiern‘ –Supplementen – zu begnügen und sie als eigenständige Entitäten ernst zu nehmen, heißt gerade nicht, zu leugnen oder zu vergessen, dass es etwas ‚Reales‘ gibt oder gab, das sie repräsentieren und zugleich ‚verschleiern‘ und dem sie diese ihre Funktion verdanken. Aber es heißt sehr wohl auch, einzugestehen, dass sie ‚Schleier‘ sind, die das, was sie substituieren, nicht oder nur sehr unzureichend ‚abbilden‘ und dass sie in erster Line auf sich selbst verweisen – obwohl sie ihre Selbstreferentialität als Fremdreferenz zu tarnen vermögen und ‚Realitäts‘-Erkenntnis nicht ohne sie auskommt (durchaus analog zu Francis Bacons vela im Novum Organum [1620]).

Dagegen manövriert sich die ‚Empirische Literaturwissenschaft‘ der Forschergruppe um Siegfried J. Schmidt in die selbst gestellte Falle einer praxeologischen (soziologischen, dann v.a. kognitionsbiologischen) Verabsolutierung zu Lasten eines, so Reckwitz, „bedeutungs- und wissensorientierten Kulturbegriffs“[17] spätestens dann, als sie sich mit Schmidts Studie Die Selbstorganisation des Sozialsystems Literatur im 18. Jahrhundert (1989) historischen Objektbereichen zuwendet, also Literaturgeschichte nach ihren eigenen theoretischen Standards zu schreiben versucht.[18] Zugleich glaubt sie aber, auf eine eigenständige Erschließung von literarischen Textquellen verzichten zu können – und zwar aufgrund einer wissenschaftstheoretisch unnötigen Selbstblockade, die linguistische und semiologische Textanalyse mit der zu Recht kritisierten ontologisierenden Werkhermeneutik verwechselt.

Wenn laut S. J. Schmidt „Literarhistorie in der [Empirische Theorie der Literatur] bedeutet: Erforschung der Geschichte aller […] Elemente des Systems ‚Literatur‘ im Kontext der übrigen gesellschaftlichen Systeme“[19], dann stellt sich die Frage, auf welcher empirischen Basis die Diachronie eines Literatursystems, seine vergangenen Zustände und die Prozesse seines Wandels rekonstruiert werden sollen. Das bevorzugt von textbezogener Forschung innerhalb der Empirischen Literaturwissenschaft zu lösende Problem ist folglich literaturgeschichtliche ‚Empirie-Sicherung‘, also die Sicherung der Nachprüfbarkeit literaturgeschichtlicher Aussagen.

Die Aussage Schmidts, dass „Texte weder eine Struktur noch eine Bedeutung besitzen“, erleichtert die Lösung dieses Problems ganz und gar nicht und erscheint überdies genauso unzulässig weil ontologisierend wie ihr Gegenteil. Da Struktur und Bedeutung, wie Schmidt weiter ausführt, „kognitiv attribuiert und kommunikativ zugeschrieben“ werden,[20] ‚haben‘ sie nur insofern eine intersubjektiv prüfbare Bedeutung und Struktur, als diese auf methodisch kontrollierbare Weise attribuiert worden sind. Solche wissenschaftlich erstellten ‚Kommunikate‘ allerdings mit den je individuell verschiedenen, subjektiven ‚Kommunikaten‘ nicht-wissenschaftlicher Lektüre bzw. ‚Interpretation‘ zu verrechnen, beruht auf einer Konfusion von Meta- und Objektebene, die nur die alten Einwände der Hermeneutik gegen strukturale Analyseverfahren reproduziert (also intentionalistische oder rezeptionsempirische Einwände des Typs, Analyse A verfehle die subjektiven Kognitionen des Autors B oder des nicht-wissenschaftlichen Rezipienten C).[21]

Aus Schmidts Ablehnung der älteren hermeneutischen Werkinterpretation als nicht theorie- und empiriefähig ergibt sich jedenfalls keine Notwendigkeit, auf Textanalyse überhaupt zu verzichten. Literaturgeschichte ist nicht mehr allein Text- oder gar Werkgeschichte, aber ohne textanalytische Methoden wird auch eine diachronische Rekonstruktion von ‚Literatur‘ als Sozialsystem nicht auskommen.

Den Ausweg aus dieser Sackgasse beschreibt S. J. Schmidt in seinem 2003 publizierten Buch Geschichten & Diskurse. Abschied vom Konstruktivismus. Dessen Untertitel meint jedoch nicht einen epistemologisch begründeten Konstruktivismus, sondern die ontologische Fundierung des bis dato propagierten ‚Radikalen Konstruktivismus‘, also seine kognitionsbiologische Letztbegründung. Diese münde in einem Reduktionismus, der

genau das verhindere, was zu den zentralen Ansprüchen konstruktivistischen Denkens gehöre, nämlich die vollständige Begründung der Theorie durch sich selbst sowie die konsequente Anwendung der Theorie auf sich selbst. Ein weiterer Abschied gilt allen Varianten eines ‚Vulgärkonstruktivismus‘, der nur gebetsmühlenartig wiederholt, alles sei konstruiert, ohne den verwendten Konstruktionsbegriff plausibel zu begründen.[22]

Vor diesem Hintergrund konzediert Schmidt auch, dass die soziale und mentale Seite von ‚Wissen‘ als „schematisierte und kondensierte Erfahrung, die aus Handeln und Kommunizieren gewonnen wird“, auf „wahrnehmbare Materialität“ angewiesen sei, also auf „verlässliche semiotische Ausdrucksgestalten […], die Wissen kommunizierbar machen“.[23]

Auch deshalb ist Michael Titzmann zuzustimmen, wenn er den Begriff ‚Literatursystem‘ so definiert, dass „dieses System allein schon auf der Basis der literarischen Texte rekonstruierbar ist“.[24] Denn

Literaturgeschichte ist [… ] nur dann möglich, wenn literarische Texte tradiert sind, und sie soll schon dann möglich sein, wenn nur literarische Texte tradiert sind, d. h. auch dann, wenn Informationen über für diese Literatur möglicherweise relevante kulturelle Kontexte (also denk- und sozialgeschichtliche Strukturen) nur unvollständig oder gar nicht verfügbar sind.[25]

Aus den gleichen Gründen reduzieren Gerhard Plumpe und Niels Werber in der Mitte der 1990er Jahre die Beziehungen des Sozialsystems ‚Literatur‘ zu seinen gesellschaftlichen ‚Umwelten‘ unter systemtheoretischen Vorzeichen auf reziproke Beobachtungsverhältnisse, also auf Text-Kontext- und das heißt: auf Text-Text-Beziehungen, also auf inhaltliche Beziehungen zwischen literarischen und nicht-literarischen Texten (von ihnen ‚polykontexturale Literaturwissenschaft‘ genannt: Recht beobachtet Literatur, nicht nur in Fallgeschichten, Literatur beobachtet Recht, nicht nur im Kriminalgenre, ähnliches gilt für Medizin, Religion usf.).[26]

2. ‚Text‘

2.1. Textualistische Minimalpositionen (Michael Titzmann, Moritz Baßler)

Theoretisch und forschungspraktisch haben Michael Titzmann und Moritz Baßler aus dem Dilemma einer literaturgeschichtlichen Praxeologie vergleichbare Konsequenzen gezogen – ersterer lange vor der kulturwissenschaftlich befeuerten ‚Wissens‘-Konjunktur, letzterer radikal spätestens ab 2005.

Im Rückblick resümiert Titzmann 2010:

[…] es gibt […] keine unmittelbare […] relevante Beziehung zwischen den von Literatur entworfenen Welten und den tatsächlichen sozialen Strukturen der Gesellschaft, der die Texte angehören: es gibt nur die Beziehung zwischen literarischen Welten und den Vorstellungen der Gesellschaft von sich selbst, also ihren Annahmen, ihrem […] Wissen über sich, das wiederum aus ihren theoretischen Texten gewonnen werden kann (wobei natürlich auch die semiotischen Formen der Präsentation solchen Wissens wiederum Folgerungen zum Wissenssystem erlauben).[27]

Da eine nicht spekulative „zusätzlichen Methodologie, die es erlaubt, aus den kulturellen Äußerungen auf die ‚Realität‘ zu schließen“,[28] fehlt, kann es der Literaturgeschichte (aber nicht nur dieser) also nur um einen Vergleich von ‚Literatur‘ mit „kulturelle[m] Denken und Wissen über die ‚Realität‘“,[29] nicht aber mit ‚Realität‘ selbst gehen:

Wissen von Individuen oder Gruppen kann […] einerseits aus der Beobachtung ihrer non-verbalen Verhaltensweisen und Praktiken, andererseits aus ihren Äußerungen erschlossen werden. Da die Mehrheit der Kulturen der Vergangenheit angehört, die uns primär über ihre Texte zugänglich ist, beschränke ich mich auf diesen […] Fall der Produktion, Speicherung, Verbreitung von Wissen durch Texte. In der Realität mag das Wissen einer Gruppe oder Kultur als Durchschnitt aus den Wissensmengen ihrer Mitglieder sich darstellen: in der Rekonstruktion stellt es sich als Durchschnitt aus bestimmten Klassen von Aussagen verschiedener Texte dar.[30]

Schon 1977 bemüht sich Titzmann übrigens um eine textualistische Fundierung von ‚kulturellem Wissen‘ und formuliert textbezogene Relevanzkriterien von Kontext-‚Wissen‘, die den Übergang von Aussagen aus den jeweiligen Kontexten (Baßlers ‚Textkorpus-Resonanz-räume‘) zu wissensfähigen Aussagen in literarischen Texte restriktiv systematisieren – als deren „pragmatische Präsupposition[en]“.[31] Nicht dass ‚kulturelle‘ Wissensbestände von unterschiedlicher semantischer Spezifität oder Allgemeinheit textspezifische Deutungsvoraussetzungen bilden, erscheint in Titzmanns Text-Kontext-Skalierung als theoretische Herausforderung, sondern die unterschiedlichen Grade der Präsenz und Absenz, von Latenz und Explizitheit der Semantik solcher ‚kulturellen Propositionen‘ innerhalb des jeweiligen (literarischen oder nicht-literarischen) Zeichensystems selbst, also das Ausmaß, in dem sich literarische Texte nicht nur auf Kontext-‚Wissen‘ beziehen (lassen), sondern solches intern repräsentieren.

Da jedoch laut Titzmann allgemeines oder gruppenspezifisches ‚kulturelles Wissen‘ Aussagen betrifft, die entweder „(fast) alle Kulturmitglieder für wahr halten“ oder auch „nur die Mitglieder einer oder mehrerer Gruppen teilen“,[32] können auch bei Titzmann nur Subjekte etwas ‚wissen‘ und für ‚wahr‘ halten, nicht jedoch die von ihnen produzierten und rezipierten, literarischen und nicht-literarischen Texte selbst, nicht die darin gespeicherten Informationen als Objekte von ‚Wissen‘. ‚Wissen‘ sollte also besser durch den Terminus ‚Semantik‘ ersetzt werden.

Und Moritz Baßler formuliert 2005 sein Unbehagen am systemtheoretischen Paradigma ‚Text als Kommunikation‘ und rät zu einer konsequenten textualistischen ‚Flucht nach vorn‘ in einen „archivimmanenten Strukturalismus“,[33] der „Text und Kommunikationen begrifflich strikt voneinander [trennt] und Texte nicht als Teile, sondern als Umwelten sozialer Systeme“,[34] als ‚Resonanzräume‘ begreift. „Anders als bei Foucault“ meint ein textualistisches Verständnis „mit ‚Archiv‘ in diesem Fall also nicht die Möglichkeitsbedingungen der Produktion von Aussagen“ […], sondern die gespeicherten und tradierten Dokumente einer Kultur“.[35]

Unter anderen theoretischen Prämissen zieht schon Peter V. Zima aus Theodor W. Adornos These vom ‚Doppelcharakter der Kunst’ als heteronome ‚soziale Tatsache‘ und autonomes ästhetisches Zeichen eine noch radikalere Konsequenz, die sich jeglicher literatur- und wissenssoziologischer Zurechnungsprobleme entledigt und „Gesellschaft als Text“,[36] d. h. „als Textzusammenhang, als soziolinguistische Situation“ definiert.[37]

Zwischen einer spekulativen „mentalistischen Zuschreibung“ von Wissen an Subjekte einerseits und einem „positiv lesbaren Archiv“ von Texten[38] als Speichermedium für potentielles sozial geteiltes ‚Wissen‘ andererseits situiert sich nun aus meiner Sicht gerade die wissenssoziologische Zuschreibung von ‚Semantiken‘ (Narrationen, Bildkomplexen, Kollektivsymboliken) auf mikro- und makrosoziale Verwendungs- und Funktionskontexte (‚Praxis‘). Und diese Option erkennt die empirische Not an, ohne aus ihr eine theoretische Tugend zu machen, ohne also auf eine ‚praxeologische‘, sozialwissenschaftliche Modellbildung von vornherein zu verzichten.

Anders gesagt: Während S. J. Schmidts Praxeologie am historischen Objekt empirisch scheitern muss, können Titzmanns und Baßlers textualistische Ansätze gar nicht scheitern, weil sie jegliches praxeologische Risiko scheuen, also auf eine Theorie sozialer Systeme verzichten.

2.2. Theorie-Text-Applikationen

Ein kurzer Seitenblick auf eine für unser Thema besonders anregende, aber auch problematische Variante der Textimmanenz bietet sich in diesem Zusammenhang an. Gemeint sind Ansätze, die Sozial- und Kognitionstheorien als Interpretamente auf literarische Texte applizieren und ihnen damit zugleich eine Mimesis des ‚Sozialen‘ oder der Kognition, genauer: eine Mimesis von Praxeologie und zugleich eine Art von Theorieaffinität unterstellen. Dabei werden Theorien von sozialen und kognitiven Systemen, also, so Peter M. Hejl, von „aktive[n] Systeme[n]“ auf „passive Systeme“ appliziert, d. h. auf „sozial erzeugte Realitätskonstrukte, soweit sie als Beschreibungen bewusst gemacht werden“, welche die Praxis der „Mitglieder“ der ‚aktiven Systeme‘ hervorgebracht haben.[39]

Dies führt immer wieder zu einer metaphorisch soziologisierenden ‚Hermeneutik’, so etwa wenn Nina Ort postuliert: „In der Systemtheorie kann [Kafkas] Urteil […] als Sozialsystem beobachtet werden“.[40] Ich selbst habe im selben Band ebenfalls einen solchen Versuch unternommen und die dargestellte Mündlichkeit und Schriftlichkeit in Kafkas Das Urteil mit Niklas Luhmanns ‚Theorie symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien‘ interpretiert.[41] Auch die Beiträge im von Niels Werber herausgegebenen Sammelband Systemtheoretische Literaturwissenschaft. Begriffe – Methoden – Anwendungen (2011) bestehen fast ausnahmslos aus solchen Applikationen Luhmannscher Theorie auf literarische Texte, denen damit eine literarische Mimesis von Sozialtheorie zugeschrieben wird.[42] Ob dargestellte Welten in fiktionalen Texten auf diese Weise metaphorisch und selektiv plausibilisiert werden oder umgekehrt Theorien nur illustriert werden, bleibe dahingestellt. Wie die Ergebnisse solcher literarischen ‚Mimesis von Sozialtheorie‘ einzuschätzen sind und was aus ihnen über das Verhältnis von Literatur und Gesellschaft gefolgert werden kann, ob darin also mehr als eine wechselseitige Übersetzung von Literatur in Sozialtheorie zu erblicken ist, die sich in bloßer soziologischer ‚Hermeneutik‘ ohne explanativen Aussagewert erschöpft, wird im Einzelfall zu prüfen sein.[43] Allerdings wird dies nur unter den Vorbehalten geschehen können, die für den „Wissensübertrag“ durch „Analogie-Denken“ allgemein gelten.[44] So gehe es

beim Analogie-Denken nicht um die tendenziell riskante Auseinandersetzung mit einem ‚offenen Problem‘, dem man durch Hypothesen und ihre Falsifikation beziehungsweise Bestätigung beizukommen suche, sondern primär um den Versuch, einer vorhandenen Lösung […] weitere Anwendungsmöglichkeiten zu verschaffen. Es handele sich folglich nicht um ex ante-Vermutungen, sondern um post hoc-Übertragungen, die einem in der Tendenz konservativen Kalkül der Wissensbestätigung statt der Wissensinnovation folgten. Die gelingende Analogiebildung begründet somit eine Subsumtion: Das zuvor noch ungelöste wissenschaftliche Problem wird als Spezialfall einer etablierten Theorie erkannt. [Hervorhebungen im Original, CMO][45]

Dies gilt in abgeschwächter Weise auch für manche Textbezüge der ‚Kognitiven Literaturwissenschaft‘, z.B. für Beiträge in dem von Roman Mikuláš und Sophia Wege herausgegebenen Sammelband Schlüsselkonzepte und Anwendungen der Kognitiven Literaturwissenschaft (2016; Band 11 der Reihe „Poetogenesis. Studien und Texte zur empirischen Anthropologie der Literatur“).[46] ‚Empirisch‘ im Reihentitel meint im Falle des elften Bandes v.a. die Beobachtung von intradiegetischer ‚Zeit‘, ‚Wahrnehmung‘ und ‚Kommunikation‘, z.T. mit rezeptionsästhetischen Extrapolationen, also weitgehend eine ‚Anthropologie der Literatur‘ im genitivus subjectivus (literarisch dargestellte ‚Anthropologie‘), manchmal auch mit fließenden Übergängen zu einer ‚Anthropologie der Literatur‘ im genitivus objectivus, in der die Praxis literarischer Kommunikation, Rezeption und Wirkung selbst zum Gegenstand von Kognitionsforschung wird.[47]

Besonders für die Systemtheorie-Text-Applikationen ist festzuhalten, dass die postulierte Epiphanie des ‚Sozialen‘ und Prozesshaften im Text selbst das Defizit überspielt, dass Text-Semantiken überhaupt erst explizit auf die je verfügbaren semiotischen Supplemente solchen gesellschaftlichen ‚Seins‘, solcher ‚Praxis‘ bezogen werden müssten.
Auch Pierre Bourdieus Soziologie der symbolischer Formen (1974) und seine spätere ‚Feld‘- und ‚Habitus‘-Theorie erliegen der Verlockung zu mimetischen Kurzschlüssen, wenn es um den literatursoziologischen Durchgriff auf die Diegesen der Texte selbst geht. Dies gilt besonders für seine Flaubert-Analyse Les règles de l’art. Genèse et structure du champ littéraire (1992). Darin analysiert Bourdieu das literarische ‚Feld’ zwischen Kommerzialisierung und ‚Avantgarde’, dem Gustave Flauberts Roman Erziehung des Herzens (L’Éducation sentimentale 1869) seine Produktion und seine Gestalt verdanke:

Nur eine Analyse der Entstehung des literarischen Feldes, in dem sich das Flaubertsche Projekt ausgebildet hat, kann zu einem wahren Verständnis sowohl der Erzeugungsformel, die dem Werk zugrunde liegt, als auch der Arbeit führen, mit der Flaubert sie ins Werk zu setzen vermochte, wobei er in ein und derselben Bewegung diese generative Struktur und die gesellschaftliche Struktur, deren Produkt sie ist, objektivierte. [Hervorhebung im Original, CMO][48]

Wenn Flauberts Roman aber selbst „alle erforderlichen Instrumente zu seiner eigenen soziologischen Analyse [liefert]“[49], weil seine Diegese Literatur als Sozialsystem ‚beobachte‘, dann werden die externen sozialen und ökonomischen Feldpositionen des Autors mit werkinternen Figuren-Positionen homologisiert, dann wird Flaubert selbst zum „Analytiker Flauberts“, „zu einem Soziologen“ also, der […] eine Soziologie Flauberts anzubieten vermag“,[50] und der selbstreflexive Roman übernimmt für uns seine eigene literatursoziologische Interpretation:

Die Struktur des Werkes, die eine strikt immanente Lektüre offenlegt, das heißt die Struktur des sozialen Raums, in dem sich die Abenteuer Fréderics abspielen, erweist sich auch als die Struktur des sozialen Raums, in dem der Autor des Werkes selbst situiert war. [Hervorhebung im Original, CMO][51]

Festzuhalten bleibt, dass die methodologische Lücke, die die spät-marxistische Sozialgeschichte und Literatursoziologie mit ihren Homologien zwischen Gesellschafts- und Text- und Gattungsstrukturen hinterlassen haben (von Georg Lukács bis zu Lucien Goldmanns ‚genetischem Strukturalismus‘), nach wie vor nicht befriedigend geschlossen, sondern allenfalls metaphorisch durch textualistische oder praxeologische Totalisierungen (Texte als ‚Sozialsysteme‘ / Gesellschaft als ‚Text‘) oder durch die Sozialtheorie-Mimesis einer praxeologischen Text-Hermeneutik überspielt werden konnte – Clifford Geertz erkennt darin bereits 1973 „eine Art soziologischen Ästhetizismus“.[52]

3. Wissen

3.1. Zwischen Sozialtheorie (Praxis) und Zeichentheorie (Text): ‚Habitus‘, ‚Diskurs‘, ‚Wissen‘

Wer die Lücke also nicht auf diese Weise camouflieren möchte, muss sie auf andere Weise schließen. Und wer sich transparent und explizit dem Problem der Beziehungen stellen möchte, die zwischen sozialen, also „aktive[n] Systemen“ und semiotischen, also „passive[n] Systeme[n]“ bestehen,[53]handelt sich das Folgeproblem jeder Wissenssoziologie ein. Sie bevorzugt nämlich explizit vermittelnde Begriffe, die sie zu einer dreiwertigen Soziologie machen und die das Problem noch potenzieren. An Niklas Luhmanns Wissenssoziologie, die auf solche Vermittlungsbegriffe verzichtet, wird dieses Problem besonders deutlich. Wenn Luhmann das „Zurechnungsproblem“ nicht mehr „parallel zur Relation [Wissens-]Subjekt – [Wissens-]Objekt“ formuliert und nicht mehr primär „nach Trägern des Wissens“, sondern „nach einer Korrelation oder Kovariation von Wissensbeständen und gesellschaftlichen Strukturen“[54] fragt und sich zugleich von der Annahme einer „repräsentationalen Funktion des Wissens“[55] verabschiedet, löst er zwar das Zurechnungsproblem von Praxis und Semantik nicht, verabschiedet sich aber immerhin von kurzschlüssigen Scheinlösungen. Seine Wissenssoziologie elaboriert insofern ohne terminologisches Vermittlungsbrimborium, aber systematisch, die, wie Oliver Jahraus 1999 formuliert, „theoriebautechnische Bifurkationsstelle“ von ‚Semantik‘ und individueller oder kollektiver ‚Praxis‘.[56]

Der Luhmann-Nachfolger Rudolf Stichweh reagiert auf dieses Problem derart, dass er die Unterscheidung der beiden Systemreferenzen ‚Semantik und Sozialstruktur‘ als Kippfiguren von zwei Beschreibungen desselben Sachverhaltes versteht, so dass ‚Semantik‘ und ‚Sozialstruktur‘ nicht getrennt voneinander beobachtet werden können. Beide müssen gleichermaßen beobachtet und rekonstruiert werden, und zwar mit angemessenen, also je unterschiedlichen Beobachtungsinstrumenten (‚Theorien‘), auch wenn aus empirischen Gründen oft nur die semantische, also in Textquellen gespeicherte Kehrseite der sozialen und kognitiven Praxis zur Verfügung steht.[57]

Luhmanns Versuch, von der ‚Semantik‘, also von Bedeutungskonstrukten, auch literarischen, zur ‚Praxis‘ zu gelangen, impliziert allerdings sehr wohl ein ‚repräsentationales‘ Verständnis von ‚Wissen‘; Luhmann definiert nämlich schon 1984 ‚Semantik‘ als denjenigen Teilbereich von ‚Kultur‘, der als „Themenvorrat“ fungiert und „eigens für Kommunikationszwecke aufbewahrt“ werde.[58] Dieser Bereich enthalte, so Luhmann 1997, als „bewahrenswert“ definierte „Sinnvorgaben“ und werde in Texten gespeichert, die „für Wiedererkennung und für Mehrfachgebrauch geschaffen“ worden sind und „die zu ihnen passenden Selbstbeobachtungen [koordinieren]“,[59] also Selbstbeschreibungen von Gesellschaften als gesellschaftliches, z.T. gruppenspezifisches ‚Wissen‘ speichern und in Umlauf setzen. ‚Wissen‘ fungiert somit als Vermittlungsbegriff zwischen gespeicherten Informationen und deren sozialer und kommunikativer Funktion als sinnhafte Wissensangebote. Zu fragen, was genau diese Semantik aber jeweils ‚repräsentiert‘ und was in welcher historischen Situation daraus selektiv in Umlauf gesetzt und kommuniziert wird, bildet die eigentliche Herausforderung. Dass wissensfähige Semantik gesellschaftlich auch im Medium der Literatur zirkuliert, versteht sich von selbst, dass deren Inhalte ihre sozialen Funktionen und ihre Produktionsanlässe und Produktionsbedingungen verlässlich abbilden, erweist sich jedoch als wenig wahrscheinlich.

Wenn, so ist weiter festzuhalten, ‚Wissen‘ als Vermittlungsbegriff zwischen Semantik und Kommunikation, Text und Praxis fungiert und sich in ihm selbst schon mentalistisch-kognitive (Subjekt A weiß Inhalt B) und textualistisch-semantische Aspekte begegnen (Text C transportiert Inhalt B als wissensfähige Information), dann ist erneut Vorsicht geboten: Als Janus-Begriff oszilliert sein Bedeutungsbereich selbst schon zwischen Sozialreferenz und Zeichenreferenz. Ähnliches gilt auch für die prominenten Begriffe ‚Habitus‘ (Bourdieu) und ‚Diskurs‘ (Foucault). Sie kaschieren die erwähnte ‚Bifurkation‘ von gesellschaftlicher Kommunikation und individueller Kognition einerseits und verfestigter Semantik, also dauerhaft archivierten Kommunikationsofferten andererseits und drohen auf diese Weise auch das Problem ihrer Vermittlung zu verschleiern.

Noch einmal Pierre Bourdieu: Indem ‚habituelle Dispositionen‘ auf einem Feld ökonomischen und symbolischen ‚Kapitals‘ Homologien zwischen sozialen Positionen und Symbolstrukturen erzeugen, bestimmen sie die strukturabhängige, also strukturierte ‚Praxis‘ verschiedener Lebensstile (Verhaltens-, Handlungs-, Produktions-, auch Schreib-Stile, Wahrnehmungs-Stile, Geschmacks-Stile).

Da [der Habitus] ein erworbenes System von Erzeugungsschemata ist, können mit dem Habitus alle Gedanken, Wahrnehmungen und Handlungen […] frei hervorgebracht werden, die innerhalb der Grenzen der besonderen Bedeutungen seiner eigenen Hervorbringung liegen. Über den Habitus regiert die Struktur, die ihn erzeugt hat, die Praxis, und zwar nicht in den Gleisen eines mechanischen Determinismus, sondern über die Einschränkungen und Grenzen, die seinen Erfindungen von vornherein gesetzt sind.[60]

Und Bourdieu weiter über die „Erzeugung des Systems von Praktiken oder Werken“, also von Werkstrukturen (Semantiken inklusive) und der auf sie beziehbaren produktiven und rezeptiven Praktiken:

[…] Praktiken [trachten] die Regelmäßigkeiten zu reproduzieren […], die in den Bedingungen enthalten sind, unter denen ihre Erzeugungsgrundlage erzeugt wurde, und [passen] sich dabei durchaus an die Erfordernisse der objektiven Möglichkeiten der Situation an […], wie sie durch die für den Habitus konstitutiven Kognitions- und Motivationsstrukturen definiert sind, […]. Sie lassen sich […] nur erklären, wenn man die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen der Habitus, der sie erzeugt hat, geschaffen wurde, und die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen er angewandt wird, zueinander ins Verhältnis setzt, d. h. wenn man durch die wissenschaftliche Arbeit jenes Inbeziehungsetzen dieser beiden Zustände der Sozialwelt vornimmt, das der Habitus, indem er es verschleiert, in der Praxis und durch die Praxis bewerkstelligt.[61]

Die zirkulär verschachtelten Sätze umkreisen rekursiv immer von neuem ‚Habitus‘ als Dispositiv, d. h. als Struktur, die Praxis ermöglicht und zugleich begrenzt und als Praxis, die ihrerseits strukturiert, also Strukturen generiert (analog zum generativen Verhältnis von langue und parole, von Kompetenz und Performanz). Sie verschleiern aber, dass die Lücke zwischen Struktur und Praxis auf diese Weise nicht zu schließen ist und ihr reziprok generatives, strukturierendes und strukturiertes Verhältnis (‚Inbeziehungsetzen‘) die Prozesshaftigkeit des ‚Habitus‘ nur simuliert und nur behauptet. Zeichenstrukturen verdanken sich Praktiken ihrer Hervorbringung und ermöglichen kommunikative Anschlusspraxis, die wiederum zu dauerhaften Sinn- und Symbolstrukturen führt – ad infinitum.

Dass sich auch andere Vermittlungsbegriffe unterschiedlicher Herkunft an dieser „Bifurkationsstelle“ von ‚Semantik‘ und individueller oder kollektiver ‚Praxis‘ ansiedeln, kann hier nur gestreift werden – ‚Denksystem‘, ‚Denkstil‘, ‚Denkkollektiv‘ (bei Karl Mannheim und Ludwig Fleck) und auch der ‚Kultur’-Begriff weisen sowohl eine restriktiv entpragmatisierte Komponente auf, die Artefakte und Symbolstrukturen meint, als auch eine dynamische, pragmatische, die sozial sinnhaftes (z.B. moralisches) Handeln ebenso umfasst wie kognitive Einstellungen und Alltagspraktiken.[62]Um den heuristischen Wert solcher Kompakt-Begriffe nicht zu verspielen, sollte jedenfalls versucht werden, beide Referenzen explizit und getrennt auszubuchstabieren, anstatt sie dazu zu verwenden, beide zugleich zu bezeichnen.[63]

Michel Foucaults Archäologie des Wissens (1969) korreliert bekanntlich zwei Janus-Begriffe, nämlich ‚Wissen‘ und ‚Diskurs‘: Die Aufgabe einer ‚Archäologie des Wissens‘ besteht dann nicht mehr darin,

Diskurse als Gesamtheit von Zeichen (von bedeutungstragenden Elementen, die auf Inhalte oder Repräsentationen verweisen), sondern als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen. Zwar bestehen diese Diskurse aus Zeichen; aber sie benutzen diese Zeichen für mehr als nur zur Bezeichnung der Sachen. Dieses mehr macht sie irreduzibel auf das Sprechen und die Sprache. Dieses mehr muss man ans Licht bringen und beschreiben. [Hervorhebung im Original, CMO][64]

‚Wissen‘ wird vor diesem Hintergrund generativ definiert als „das, wovon man in einer diskursiven Praxis sprechen kann“, also über bestimmte, von dieser Praxis „konstituierte Bereich[e]“ und „Gegenstände“, und: „Wissen ist auch der Raum, in dem das Subjekt die Stellung einnehmen kann, um von Gegenständen zu sprechen, mit denen es in seinem Diskurs zu tun hat“. Das Wissen der Psychiatrie im 19. Jahrhundert ist somit z.B. nicht die Summe dessen, was man als wahr angesehen hat, sondern die Gesamtheit der Verhaltensweisen, Eigentümlichkeiten und Abweichungen, über die man im psychiatrischen Diskurs sprechen kann. Generative (strukturalistische) Denkfiguren der Hervorbringung und des ‚Ermöglichens‘, des ‚Dispositivs‘ erweisen sich wie im Falle von ‚Habitus‘ und ‚Diskurs‘ offenkundig als besonders geeignet, die Lücke an besagter ‚Bifurkationsstelle‘ zu überbrücken.

Anwendungsorientierte Reformulierungen von ‚Diskurs‘ sowohl von literaturwissenschaft-licher als auch von sozialwissenschaftlicher Seite betonen dagegen eher die text- und semantikbezogene Seite von ‚Diskurs‘. So definiert Michael Titzmann ‚Diskurs‘ 1991 wie folgt als ein System, das die „Produktion von Wissen regelt […] [und als]

ein System des Denkens und Argumentierens […], das von einer Textmenge abstrahiert ist und das erstens durch einen Redegegenstand, zweitens durch Regularitäten der Rede, [und] drittens durch […] Relationen zu anderen Diskursen charakterisiert ist […]. Literatur ist kein Diskurs; sie kann sich aber verschiedener Diskurse bedienen und sie in sich integrieren.[65]

Während er also ‚Diskurs‘ an seine textanalytisch rekonstruierbare semantische Komponente rückbindet (‚von einer Textmenge abstrahiert‘) und zugleich praxeologisch, also mit Blick auf Handlungen und Kognitionen von Subjekten definiert (‚Denken‘, ‚Argumentieren‘), wird ‚Wissen‘ dagegen indirekt nur mehr auf die kommunikative Praxis von Handelnden und Denkenden bezogen und seine Inhalte, aus denen diese Praktiken auswählen, werden der Textse-mantik zugeschlagen. Der ‚Übergang‘ oder Bezugsweg von Text(korpus)aussagen (‚Semantik‘) auf gesellschaftlich kommunizierbares ‚Wissen‘ als zweistellige Relation zwischen Subjekten des Wissens und seinen Inhalten, gleichgültig ob letztere für wahr gehalten werden oder nicht, erfolgt über eine diskurstheoretische Brücke, also auf einem Umweg, der dieselbe Funktion erfüllt wie Bourdieus ‚Habitus‘ als Dispositiv und ‚modus operandi‘.

Die vorübergehende fächerübergreifende Beliebtheit von ‚Wissensforschung‘, ‚Wissenstheorien‘ und ‚Wissensgeschichte‘ bis etwa 2015 hat dem Terminus ‚Wissen‘ bekanntlich und überdies eine modische Leerformel-Konjunktur beschert, die sich, so scheint es, genau dieser Januskopf-Funktion verdankt. Sie hat dazu geführt, dass er nur mehr als petitio principii, als Beschwörungsformel eines Forschungsprogramms fungiert. Der Schärfung wissenssoziologischer Erkenntnisinteressen – zumal unter ‚kulturwissenschaftlichen‘ Vorzeichen – war diese Mode eher abträglich. Zwei Beispiele müssen genügen:

Ralph Klausnitzer (2008) synthetisiert die Zeichensystem- und Sozialsystemreferenz von ‚Wissen‘, anstatt sie wissenssoziologisch konsequent zu unterscheiden. Er bestimmt ‚Wissen‘ in drei Anläufen wie folgt:

Wissen [lässt] sich als Gesamtheit von begründeten (bzw. begründbaren) Kenntnissen begreifen, die innerhalb kultureller Systeme durch Beobachtung und Mitteilung, also durch Erfahrung und Lernprozesse erworben sowie weitergegeben werden und einen reproduzierbaren Bestand von Denk-, Orientierungs- und Handlungsmöglichkeiten bereitstellen. Wissen ist jedoch mehr als die (sich stetig verändernde) Summe gespeicherter und wieder abrufbarer Erkenntnisse, sondern zugleich immer auch ein Prozess, […]. […] Wissen [umfasst] also Alltagskenntnisse und Produkte der epistemologisch begründeten Wissenschaften ebenso wie die implizit regulierten Praktiken (tacit knowledge) und expliziten Regeln institutionalisierter und sich selbst reflektierender sozialer Systeme. Knapp formuliert: Wissen ist die dynamische Gesamtheit aller jener Vorgänge und Resultate, in denen sich regelgeleitete Umgangsweisen mit begründeten Erkenntnissen auf Grundlage symbolischer Ordnungen und Technologien formieren und vollziehen, in Wirkung treten und verändern.[66]

Und ganz ähnlich versteht schon Birgit Neumann 2006 in ihrem Aufsatz Kulturelles Wissen und Literatur unter „kulturelle[m] Wissen“ die

Gesamtmenge der in einer Kultur zirkulierenden Kenntnisse, die durch Kommunikation und Erfahrung konstruiert, erworben und tradiert werden. Es stellt einen reproduzierbaren Bestand kulturell möglicher Denk-, Orientierungs- und Handlungsmuster bereit, die innerhalb der jeweiligen kulturellen Rahmenbedingungen als gesellschaftlich gültig und wertvoll gelten. Kulturelles Wissen existiert radikal verstreut über alle kulturellen Objektivationen und Handlungen – in wissenschaftlichen Abhandlungen ebenso wie in Praktiken des Alltags, und Aberglaubens, in Riten und Ritualen ebenso wie in kanonischen Texten.[67]

3.2. Was ‚weiß‘ Literatur? Für eine Wissenssoziologie literarischer Semantik

Was ‚weiß‘ Literatur nun also über ihre sozialpraktische ‚Umwelt‘, ihren Handlungsbereich selbst und über Nicht-Literatur, also über ihren kulturellen (sozialen und semiotischen) Kontext? Und lassen sich überhaupt auf der Basis text(korpus)analytischer Befunde Hypothesen über die sozialen Funktionen oder ‚Leistungen‘ z.B. einer bestimmten Symbolik, eines bestimmten Genres oder einer bestimmten Literatur aufstellen und was sagen diese Funktionen wiederum aus über die sozialen Strukturen von Literatursystemen und deren Funktionen für die jeweilige Gesellschaft? Versucht eine Interpretation von Literatur als sozialhistorisches ‚Dokument‘ (im Sinne von Foucaults Archäologie des Wissens) nicht lediglich, deren unhintergehbaren, selbstbezüglichen ‚Monument‘-Charakter zu verschleiern? Produziert Literatur als Zeichensystem somit auch nur implizite ‚Selbstbeobachtungen‘ oder ‚Selbstbeschreibungen‘ oder können zumindest deren Veränderungen als Reaktion auf Veränderungen des Gesellschaftssystems gedeutet werden? Welchen Quellenwert hat Literatur für solche Fragen somit? Welche Beziehungen sind überhaupt zwischen den ‚semantischen Systemzuständen‘ einer Gesellschaft (oder eines ihrer Subsysteme) und ihren ‚sozialen Systemzuständen‘ anzunehmen? [68]

Und kann es am Ende vielleicht nur darum gehen, anzuerkennen, dass sich die sozioökonomische Genese von ‚Literatur‘, ihr gesellschaftliches ‚Außen‘, kaum eins zu eins in ihr mimetisch ablesen lässt und literarische Beiträge zur Selbstbeschreibung von Gesellschaft gerade keine mimetischen Abbildungen ihrer realen sozialen ‚Außenwelt‘ bieten, dass Literatur also auch da, wo sie ‚Welt‘ repräsentiert, vor allem nur etwas darüber aussagt, wie sie Fremdreferenz simuliert? Und dass Repräsentationsbeziehungen nicht mit Kausaldeterminationen verwechselt werden dürfen, die Wirkungen und Folgen literarischen Handelns und Kommunizierens – literarische Texte – demnach nicht notwendig die Ursachen und Bedingungen der sozialen Praxis abbilden, der sie ihre Entstehung verdanken, dass Wirkungen ihre Ursachen also nicht einfach abbilden?[69]

Auch literarische Konstrukte fiktiver ‚Gesellschaft‘ sind deshalb zu allererst als ‚Selbstbeschreibungen‘, Selbstbeobachtungen der Literatur, als Teil der Gesellschaft zu analysieren und nicht umstandslos als Mimesis, als ‚Nachahmung‘ von Gesellschaft zu deuten. Literatur ‚weiß‘ v.a. etwas über sich selbst, nicht über ihr ‚reales‘ Außen und genau dieses indirekte ‚Wissen‘ über sich selbst gilt es soziologisch zu interpretieren. Inwieweit solche impliziten Selbstbeschreibungen von Literatur dann als Selbstbeschreibungen von Gesellschaft fungieren, die bestimmte Diskurse und Semantiken im Medium von Literatur in Umlauf setzen, wird allerdings aus der Beobachtung von Literatur allein nicht zu entscheiden sein.[70]

Eine wissenssoziologische Option, die mit Luhmann das Zurechnungsproblem zwischen ‚Praxis‘ und ‚Text‘, zwischen Gesellschaft und literarischer Semantik freilegt und zuspitzt, anstatt es zu überspielen, wird dieses Problem auf mehreren Ebenen mikro- und makrosoziologisch zunächst so zu strukturieren versuchen, als leide diese Option nicht unter einem Mangel an sozialwissenschaftlich beobachtbaren Daten, als wäre sie nicht gezwungen, letztere durch Textdaten zu ersetzen. Die Interpretation von Daten, die aus Textcorpora gewonnen worden sind, als gesellschaftliche, ‚wissens‘- und potentiell wahrheitsfähige ‚Semantik‘ sollte unter wissenssoziologischen Voraussetzungen jedenfalls nicht ohne einen sozialtheoretisch elaborierten, praxeologischen Bezugsrahmen erfolgen, der soziale Kommunikation und individuelle und kollektive Kognitionen (‚Wissen‘) prinzipiell als Supplemente von Texten anerkennt und letztere zugleich als notwendige Supplemente sozialer Praktiken (Sozialdimension) interpretiert.

Übergeneralisierungen einer der beiden Seiten der Unterscheidung von ‚Schrift‘ und ‚Kommunikation‘ entpuppen sich somit als hierarchisierende, inkludierende und homogenisierende Ordnungsversuche, die deren unabschließbare Differenz zulasten der Sozialsystem-Referenz oder der Zeichensystem-Referenz aufzuheben versuchen und die wechselseitige Limitierung ihrer Geltungsansprüche außer Kraft setzen. An die Stelle solcher Vereinnahmungen tritt eine heterarchisch offene ‚Landkarte‘ von eigenständigen Zurechnungsdimensionen und Begriffsserien – von der jeweiligen Mikro- bis zur Makroebene. Diese ‚Landkarte‘ (Abb. 3) bezieht sich übrigens u.a. auf bereits von Karl Mannheim vorgeschlagene Zurechnungsebenen. Als einer der Klassiker (neben Max Scheler) der modernen Wissenssoziologie – erinnert sei an Ideologie und Utopie (1929) und Das konservative Denken (1927) – hat er solche Bezugswege schon früh in einer feingliedrigen Skala von Innen- und Außenrefrenzen, Zeichen- und Sozialreferenzen von Texten ausdifferenziert, wobei gegebenenfalls auch die „Außenbetrachtung“ ersatzweise – supplementär – auf Quellentexte zurückgeführt werden muss.[71]

Ein solcher Ansatz wird ohne weiteres anerkennen, dass Literatur selbst nichts ‚weiß‘, wohl aber, dass sie Semantiken im Sinnen Luhmanns, also Informationen über gesellschaftlich wissensfähige Aussagen speichert und für Anschlusskommunikationen bereithält – und er wird seine Befunde in einem wissenssoziologischen Rahmen zu interpretieren versuchen. Aus einer Soziologie des literarischen ‚Wissens‘ wird dabei jedoch eine Wissenssoziologie literarischer ‚Semantik‘; deren Ausgangspunkt ist nicht der unterstellte ‚Wissens‘-Status literarischer Semantiken, sondern vielmehr umgekehrt die Rekonstruktion literarisch gespeicherter Semantiken und ästhetisierter ‚Sinn‘-Angebote. Und über deren Funktion als kommunikativ anschlussfähiges, sozial zurechenbares ‚Wissen‘ wird nicht ohne zusätzliche, meist selbst textförmige Daten zu entscheiden sein.

Zwischen episteme und doxa, validiertem Wissen und Meinen, Wissenschaft und Alltagswissen, extern gespeichertem Wissen und implizit prozeduralem Wissen (Praktiken) durchläuft ‚Wissen‘ zwischen seinen beiden nicht auf einander reduzierbaren Referenzachsen alle medialen Externalisierungs- und Internalisierungsstufen und Emergenz-Grade, vom Subjekt bis zum Sozialsystem, und ist an je sozialsystemspezifisch oder gruppenspezifisch definierte Wahrheits- oder Gewissheitsansprüche (Begründungs- und Legitimationsstrategien) gebunden. Dies gilt für alle Wissenstypen auf allen Aggregationsebenen – vom individuell unausgesprochenen Alltagswissen, das kaum verschriftet wird und eher selten in den Bereich gesellschaftlich archivierter ‚Semantik‘ gelangt, über ‚Kollektivsymboliken‘ (nach Jürgen Link) und Wahrnehmungsstereotypen bis zu dauerhaft archivierten bzw. tradierten, etwa mythologischen Erzähl- und Deutungsmustern und zu wissenschaftlichem ‚Wissen‘, das wiederum meist nur selektiv generalisiert wird und eher gruppenintern zirkuliert.

Literarische Texte, Genres und Gattungen sind also nicht nur in der Lage, ihre Offerten von Sinnstiftung, Welt- und Selbstdeutung – also ihren Beitrag zur ‚Selbstbeschreibung‘ von Gesellschaft – zu bestimmten Zeitpunkten und unter spezifischen gesellschaftlichen Voraussetzungen aufzubewahren und zu tradieren, sondern auch, sie kommunikativ anschlussfähig als gesellschaftliches ‚Wissen‘ zu stabilisieren. Sie produzieren nicht nur Informationen über das Medium ‚Literatur‘ – ‚Wissen‘ über fiktionale Literatur selbst –, sondern tragen auch dazu bei, dass von ihnen transportiertes ‚Wissen‘ literaturextern als literaturunspezifisches ‚Wissen‘ über Redegegenstände und Wirklichkeitsbereiche verbreitet wird und in andere Diskurse (z.B. wissenschaftliche, philosophische) Eingang findet. Auf diese Weise wird Literatur selbst potentiell zum Movens von Wissensgenerierung. Und die Option, dies theoretisch zu modellieren, bezeichne ich – ein feiner Unterschied! – nicht als Soziologie des literarischen ‚Wissens‘ – Texte speichern Informationen, aber sie ‚wissen‘ nichts –, sondern als wissenssoziologische Interpretation literarischer Semantik.

Aufgabe einer Literaturwissenschaft, die wissenssoziologische Erkenntnisinteressen verfolgt, ist folglich zuallererst, ihre fachspezifischen Hausaufgaben zu machen, also die jeweiligen Zeichensysteme – Narrationen, Semantiken, Bildlichkeiten, Symboliken – präzis zu rekonstruieren, allerdings ohne aufgrund einer oft dürftigen Daten- und Quellenlage zur ‚realen‘ sozialen Anschlusspraxis auf den Anspruch zu verzichten, die Befunde von Textkorpus- oder Diskursanalysen wissenssoziologisch zu interpretieren. Mögen auch noch so viele weiße Flecken auf der ‚Landkarte‘ möglicher Sozialsystem-Referenzen von archivierter ‚Semantik‘ bestehen bleiben: Weder sollten jene verschleiert oder ausgeblendet werden, noch darf die Konsequenz sein, sie gar nicht mehr zu daraufhin zu befragen, was sie als Leerstellen markieren. Und wenn letztere durch Texte supplementiert, also auf Textquellen bezogen werden können, sind diese wiederum nicht mit den sozialen Praktiken zu verwechseln, denen sie sich verdanken und die sie gleichwohl mehr substituieren als abbilden.

Ins Stammbuch zu schreiben ist dies nicht nur manch älteren Varianten strukturalistischer und poststrukturalistischer Selbstgenügsamkeit, sondern insbesondere kurzschlüssig analogisierenden Hypostasierungen, also sowohl Applikationen von Sozialtheorien auf Texte als auch zeichentheoretischen Vereinnahmungen praxeologischer Erkenntnisinteressen.

© Claus-Michael Ort (Kiel)

Fußnotenapparat

[1] Niklas Luhmann: Die Soziologie des Wissens: Probleme ihrer theoretischen Konstruktion, in: Ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Band 4. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1995, S.151-189, hier S.179.

[2] Niklas Luhmann: Die Soziologie des Wissens: Probleme ihrer theoretischen Konstruktion, in: Ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Band 4. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1995, S.151-189, hier S.154.

[3] Vgl. Joseph Vogl (Hg.): Poetologien des Wissens um 1800. München: Fink 1999; Albrecht Koschorke: Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des achtzehnten Jahrhunderts. München: Fink 1999; Ralf Klausnitzer: Literatur und Wissen. Zugänge – Modelle – Analysen. Berlin u.a.: de Gruyter 2008; Roland Borgards / Harald Neumeyer / Nicolas Pethes / Yvonne Wübben (Hgg.): Literatur und Wissen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart u.a.: Metzler 2013.

[4] Das Folgende baut auf eigenen Vorarbeiten auf: Claus-Michael Ort: Literarischer Wandel und sozialer Wandel: Theoretische Anmerkungen zum Verhältnis von Wissenssoziologie und Diskursgeschichte, in: Michael Titzmann (Hg.), Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen: Niemeyer 1991, S.367-394; Ders.: Vom ‚Text‘ zum ,Wissen‘. Die literarische Konstruktion sozio-kulturellen Wissens als Gegenstand einer nicht-reduktiven Sozialgeschichte der Literatur, in: Lutz Danneberg / Friedrich Vollhardt (Hgg.), Vom Umgang mit Literatur und Literaturgeschichte. Positionen und Perspektiven nach der ‚Theoriedebatte‘. Stuttgart: Metzler 1992, S.409-441; Ders.: Sozialsystem ‚Literatur‘ – Symbolsystem ‚Literatur‘. Anmerkungen zu einer wissenssoziologischen Theorieoption für die Literaturwissenschaft, in: Siegfried J. Schmidt (Hg.), Literaturwissenschaft und Systemtheorie. Opladen: Westdeutscher Verlag 1993, S.269-294; Ders.: Systemtheorie und Literatur. Teil II: Der literarische Text in der Systemtheorie, in: IASL. Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 20 (1995) H.1, S.161-178; Ders.: Systemtheorie und Hermeneutik? Kritische Anmerkungen zu einer Theorieoption aus literaturwissenschaftlicher Sicht, in: Henk de Berg / Matthias Prangel (Hgg.), Systemtheorie und Hermeneutik. Tübingen u.a.: Francke 1997, S.143-171; Ders.: ‚Sozialgeschichte‘ als Herausforderung der Literaturwissenschaft. Zur Aktualität eines Projekts, in: Martin Huber / Gerhard Lauer (Hgg.), Nach der Sozialgeschichte. Konzepte für eine Literaturwissenschaft zwischen Historischer Anthropologie, Kulturgeschichte und Medientheorie. Tübingen: Niemeyer 2000, S.113-128; Ders.: Sozialgeschichte der Literatur und die Probleme textbezogener Literatursoziologie – anläßlich von Kafkas ‚Das Urteil‘, in: Oliver Jahraus / Stefan Neuhaus (Hgg.), Kafkas „Urteil“ und die Literaturtheorie. Zehn Modellanalysen. Stuttgart: Reclam 2002, S.101-125; Ders.: Das Wissen der Literatur. Probleme einer Wissenssoziologie literarischer Semantik, in: Tilmann Köppe (Hg.), Literatur und Wissen. Theoretisch-methodische Zugänge. Berlin u.a.: de Gruyter 2011, S.164-191. – Zur Geschichte soziologischer Theorieimporte in die Literaturwissenschaft siehe Jörg Schönert: Sozialwissenschaftliche Kategorien und Theorien in der Germanistik 1970 – 1985 [1990], in: Ders., Perspektiven zur Sozialgeschichte der Literatur. Beiträge zu Theorie und Praxis. Tübingen: Niemeyer 2007, S.23-41.

[5] Siegfried J. Schmidt: Grundriss der Empirischen Literaturwissenschaft. Band 1: Der gesellschaftliche Handlungsbereich Literatur [1980]. Band 2: Zur Rekonstruktion literaturwissenschaftlicher Fragestellungen in einer Empirischen Theorie der Literatur [1982]. Braunschweig u.a.: Vieweg 1980, 1982; siehe neuerdings Carolin Amlinger: Schreiben. Eine Soziologie literarischer Arbeit. Berlin: Suhrkamp 2021.

[6] „Diagramm 10 Das Input-Output-Paradigma des sozialen Systems“, in Richard Münch: Theorie des Handelns. Zur Rekonstruktion der Beiträge von Talcott Parsons, Emile Durkheim und Max Weber. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1982, S.131, nach Talcott Parsons / Gerald M. Platt: The American University. Cambridge/Mass.: Harvard Univ. Press 1973, S.432.

[7] Friederike Meyer / Claus-Michael Ort: Konzept eines struktural-funktionalen Theoriemodells für eine Sozial-geschichte der Literatur, in: Renate von Heydebrand / Dieter Pfau / Jörg Schönert (Hgg.), Zur theoretischen Grundlegung einer Sozialgeschichte der Literatur. Ein struktural-funktionaler Entwurf. Tübingen: Niemeyer 1988, S.85-171, hier S.141.

[8] Jan Mukařovský: Die Kunst als semiologisches Faktum [Umění jako semiologický fakt 1934; frz. 1936; tschech. 1966], in: Ders., Kapitel aus der Ästhetik. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1970, S.138-147. – Übrigens fokussiert auch die Einführung in die Literatursoziologie von Christine Magerski / Christa Karpenstein-Eßbach: Literatursoziologie. Grundlagen, Problemstellungen und Theorien. Wiesbaden: Springer VS 2019) fast ausschließlich die sozialdynamischen Aspekte von Literatur als sozialer und kommunikativer Praxis. Lediglich auf acht Seiten werden unter dem schwammigen Titel „Ästhetischer Wert im Spannungsgefüge außerästhetischer Phänomene: Ideale, Diskurse, Wissen“, S.92ff) auch zeichensystemische Zurechnungen auf Gesellschaft ins Auge gefasst (unter Rekurs auf Jürgen Links Analysen von ‚Kollektivsymbolik‘ und Michel Foucaults Diskurs-Begriff).

[9]Andreas Reckwitz: Praktiken und Diskurse. Eine sozialtheoretische und methodologische Relation, in: Herbert Kalthoff / Stefan Hirschauer / Gesa Lindemann (Hgg.), Theoretische Empirie. Zur Relevanz qualitativer Forschung, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2008, S.188-209, hier S.200-201.

[10]Ebd. S.190.

[11]Andreas Reckwitz: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, Weilerswist: Velbrück 2000, S.588-643.

[12] Andreas Reckwitz: Praktiken und Diskurse. Eine sozialtheoretische und methodologische Relation, in: Herbert Kalthoff / Stefan Hirschauer / Gesa Lindemann (Hgg.), Theoretische Empirie. Zur Relevanz qualitativer Forschung, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2008, S.188-209, hier S.195.

[13] Philipp Sarasin: Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2003, S.58, siehe auch die „fünf Thesen“ S.58-60.

[14] Jacques Derrida: Grammatologie [1967]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1974, S.274-275.

[15]Jacques Derrida: Einige Statements und Binsenweisheiten über Neologismen, New-Ismen, Post-Ismen, Parasitismen und andere kleine Seismen. Berlin: Merve 1997, S.52; zur reziproken Supplementierung von Schrift und Kommunikation siehe Claus-Michael Ort: Schrift als Supplement von Kommunikation – und umgekehrt.  Über Natalie Binczek, „Im Medium der Schrift. Zum dekonstruktiven Anteil in der Systemtheorie Niklas Luhmanns“ (2000) [2020], in: Dirk Baecker (Hg.), Schlüsselwerke der Systemtheorie. Vierte Auflage. Wiesbaden: Springer VS 2021, S. 475-488, v.a. S.483-485.

[16] „[…]. Besinnungslos und bleich / So fanden ihn am andern Tag die Priester / […]. / Was er allda gesehen und erfahren, / Hat seine Zunge nie bekannt. […] / […], / Ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe.“, in: Friedrich Schiller: Das verschleierte Bild zu Sais [1795; 1805], in: Ders., Sämtliche Gedichte und Balladen. Hg. von Georg Kurscheidt. Frankfurt/M. u.a.: Insel 2004, S.187-189, hier S.189.

[17] Andreas Reckwitz: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, Weilerswist: Velbrück 2000, S.84-90, hier S.84.

[18] Siegfried J. Schmidt: Die Selbstorganisation des Sozialsystems Literatur im 18. Jahrhundert. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1989; vgl. dagegen als gelungene weil textbezogene Parallelaktion Karl Eibl: Die Entstehung der Poesie. Frankfurt/M. u.a.: Insel 1995.

[19] Siegfried J. Schmidt: Grundriss der Empirischen Literaturwissenschaft. Band 2: Zur Rekonstruktion literaturwissenschaftlicher Fragestellungen in einer Empirischen Theorie der Literatur. Braunschweig u.a.: Vieweg 1982, S.32.

[20]Siegfried J. Schmidt: Sozialsystem – Symbolsystem: Literatur? (Positionspapier für die Tagung ‚Sozialsystem – Symbolsystem: Literatur?‘ in Siegen / Freudenberg 26.-29.6.1991). Siegen: Ms. masch. 1991, S.20; zitiert nach Claus-Michael Ort: Texttheorie – Textempirie – Textanalyse. Zum Verhältnis von Hermeneutik, Empirischer Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte, in: Achim Barsch / Gebhard Rusch / Reinhold Viehoff (Hgg.), Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1994, S.104-122, hier S.111.

[21]Ebenenkonfusionen und Fehlschlüsse solcher Art vollzieht besonders ‚radikal‘ Gebhard Rusch: Autopoiesis, Literatur, Wissenschaft. Was die Kognitionstheorie für die Literaturwissenschaft besagt, in: Siegfried J. Schmidt (Hg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1987, S.374-400.

[22] Siegfried J. Schmidt: Geschichten & Diskurse. Abschied vom Konstruktivismus. Reinbek: Rowohlt 2003, S.24; zu Luhmanns Konstruktivismus als ‚realistische Erkenntnistheorie‘ siehe ferner Georg Lohmann: „Beobachtung“ und Konstruktion von Wirklichkeit. Bemerkungen zum Luhmannschen Konstruktivismus, Gebhard Rusch / Siegfried J. Schmidt (Hgg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie. DELFIN 1993. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1994, S.205-219.

[23]Siegfried J. Schmidt: Geschichten & Diskurse. Abschied vom Konstruktivismus. Reinbek: Rowohlt 2003, S.90 und 91.

[24] Michael Titzmann: Skizze einer integrativen Literaturgeschichte und ihres Ortes in einer Systematik der Literaturwissenschaft, in: Ders. (Hg.), Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen: Niemeyer 1991, S.395-438, hier S.416.

[25] Ebd.

[26]Gerhard Plumpe / Niels Werber (Hgg.): Beobachtungen der Literatur. Aspekte einer polykontexturalen Literaturwissenschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag 1995; siehe auch Gerhard Plumpe: Epochen moderner Literatur. Ein systemtheoretischer Entwurf. Opladen: Westdeutscher Verlag 1995.

[27] Michael Titzmann: Strukturalismus. Was bleibt, in: Hans-Harald Müller / Marcel Lepper / Andreas Gardt (Hgg.), Strukturalismus in Deutschland. Literatur- und Sprachwissenschaft 1910–1975. Göttingen: Wallstein 2010, S.371-411, hier S.399.

[28] Michael Titzmann: Skizze einer integrativen Literaturgeschichte und ihres Ortes in einer Systematik der Literaturwissenschaft, in: Ders. (Hg.), Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen: Niemeyer 1991, S.395-438, hier S.411.

[29]Ebd. S.426-427.

[30] Michael Titzmann: Kulturelles Wissen – Diskurs – Denksystem. Zu einigen Grundbegriffen der Literaturgeschichtsschreibung, in: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur, 99 (1989), S.47-61, hier S.58.

[31]Michael Titzmann: Strukturale Textanalyse. Theorie und Praxis der Interpretation. München: Fink 1977, S.263-330, hier S.263.

[32]Michael Titzmann: Skizze einer integrativen Literaturgeschichte und ihres Ortes in einer Systematik der Literaturwissenschaft, in: Ders. (Hg.), Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen: Niemeyer 1991, S.395-438, hier S.403; in Michael Titzmann: Strukturale Textanalyse. Theorie und Praxis der Interpretation. München: Fink 1977, S.268, liest sich die Definition des ‚kulturellen Wissens‘ abstrakter und aktorlos, aber wiederum anthropomorphisierend („Gesamtmenge dessen, was eine Kultur, bewusst oder unbewusst, explizit-ausgesprochen oder implizit-unausgesprochen, über die ‚Realität‘ annimmt“ und „für wahr“ hält).

[33]Moritz Baßler: Die kulturpoetische Funktion und das Archiv. Eine literaturwissenschaftliche Text-Kontext-Theorie. Tübingen: Francke 2005, S.361.

[34]Ebd. S.13; S.331: „Archiv“ als „Resonanzraum“.

[35] Moritz Baßler: 2.12 Analyse von Text- und Kontextbeziehungen, in: Thomas Anz (Hg.), Handbuch Literaturwissenschaft Band 2: Methoden und Theorien. Stuttgart: Metzler 2007, S.225-231, hier S.229; ähnlich Moritz Baßler: 9.1. Texte und Kontexte, in: Thomas Anz (Hg.), Handbuch Literaturwissenschaft Band 1: Gegenstände und Grundbegriffe. Stuttgart: Metzler 2007, S.355-369.

[36] Peter V. Zima: Textsoziologie. Eine kritische Einführung. Stuttgart: Metzler 1980, S.66-87.

[37] Ebd. S.63; vgl. auch Peter V. Zima: Roman und Ideologie. Zur Sozialgeschichte des modernen Romans. München: Fink 1986 und Doris Bachmann-Medick (Hg.): Kultur als Text. Die anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft. Frankfurt/M.: Fischer 1996.

[38]Moritz Baßler: 9.1. Texte und Kontexte, in: Thomas Anz (Hg.), Handbuch Literaturwissenschaft Band 1: Gegenstände und Grundbegriffe. Stuttgart: Metzler 2007, S.355-369, hier S.368.

[39] Peter M. Hejl: Die zwei Seiten der Eigengesetzlichkeit. Zur Konstruktion natürlicher Sozialsysteme und zum Problem ihrer Regelung, in: Siegfried J. Schmidt (Hg.), Kognition und Gesellschaft. Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus 2. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1992, S.167-213, hier S.193.

[40] Nina Ort: Zum Gelingen und Scheitern von Kommunikation. Kafkas ‚Urteil’ – aus systemtheoretischer Perspektive“, in: Oliver Jahraus / Stefan Neuhaus (Hgg.), Kafkas ‚Urteil’ und die Literaturtheorie. Zehn Modellanalysen. Stuttgart: Reclam 2002, S.196-219, hier S.204.

[41] Claus-Michael Ort: Sozialgeschichte der Literatur und die Probleme textbezogener Literatursoziologie – anlässlich von Kafkas ‚Das Urteil‘ ,in: Oliver Jahraus / Stefan Neuhaus (Hgg.), Kafkas ‚Urteil’ und die Literaturtheorie. Zehn Modellanalysen. Stuttgart: Reclam 2002, S.101-125.

[42]Niels Werber (Hg.): Systemtheoretische Literaturwissenschaft. Begriffe – Methoden – Anwendungen. Berlin u.a.: de Gruyter 2011.

[43] Zum Spezialfall, dass sich Literaturtheorie selbst in literarische Texte ‚einschreibt‘, siehe Erik Schilling: Literatur als Theorie – Theorie als Literatur. Chancen und Grenzen der Deutung literaturtheoretischer Komponenten in literarischen Werken, in: Andrea Albrecht / Lutz Danneberg et al. (Hgg.), Theorien, Methoden und Praktiken des Interpretierens. Berlin u.a.: de Gruyter 2015, S.609-633, v.a. S.628-632.

[44]Andrea Albrecht: Analogieschlüsse und metaphorische Extensionen in der interdisziplinären literaturwissenschaftlichen Praxis, in: Andrea Albrecht / Lutz Danneberg et al. (Hgg.), Theorien, Methoden und Praktiken des Interpretierens. Berlin: de Gruyter 2015, S.271-299, hier S.275.

[45]Ebd. S.275-276 am naturwissenschaftlichen Beispiel und im Anschluss an Karin Knorr-Cetina.

[46]Roman Mikuláš / Sophia Wege (Hgg.): Schlüsselkonzepte und Anwendungen der Kognitiven Literaturwissenschaft. Münster: mentis 2016.

[47] Beide Perspektiven verbindet z.B. Rüdiger Zymner: Lyrik und Zeit, in: Roman Mikuláš / Sophia Wege (Hgg.), Schlüsselkonzepte und Anwendungen der Kognitiven Literaturwissenschaft. Münster: mentis 2016, S.29-53; siehe auch und v.a. Karl Eibl: Animal poeta. Bausteine der biologischen Kultur- und Literaturtheorie. Paderborn: mentis 2004. – Zur Unterscheidung der beiden Varianten einer ‚Anthropologie der Literatur‘ siehe Claus-Michael Ort / Wolfgang Lukas: Literarische Anthropologie der ‚Goethezeit‘ als Problem- und Wissensgeschichte, in: Michael Titzmann, Anthropologie der Goethezeit. Studien zur Literatur und Wissensgeschichte. Hgg. von Wolfgang Lukas / Claus-Michael Ort. Berlin u.a.: de Gruyter 2011, S.1-28, hier S.4-6.

[48]Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes [1992]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1999, S.83; siehe auch Christine Magerski: Die Konstituierung des literarischen Feldes in Deutschland nach 1871. Berliner Moderne, Literaturkritik und die Anfänge der Literatursoziologie. Tübingen: Niemeyer 2004 und zur Frühen Neuzeit schon Alain Viala: naissance de l’écrivain. sociologie de la littérature à l’âge classique. Paris: Minuit 1985; leider bleibt der oberflächliche Problemaufriss von Markus Joch / Norbert Christian Wolf: Feldtheorie als Provokation der Literaturwissenschaft. Einleitung, in: Dies. (Hgg.), Text und Feld. Bourdieu in der literaturwissenschaftlichen Praxis. Tübingen: Niemeyer 2005, S.1-24 hinter seinen Möglichkeiten und den theoretischen Erfordernissen zurück; vgl. auch Norbert Christian Wolf: Robert Musil als Analytiker Robert Musils. Zum ‘Mann ohne Eigenschaften’, in: Ebd. S.207-229.

[49]Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes [1992]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1999, S.19.

[50] Ebd. S.19; siehe das Kapitel „Flaubert als Analytiker Flauberts. Eine Lektüre der Erziehung des Herzens“ (S.19-79; ebd. S.55: „Flaubert sublimiert die Unbestimmtheit, die Unentschlossenheit von Gustave, seine ‚tiefgründige Apathie‘, durch die nachträgliche Aneignung seiner selbst im Akt des Schreibens der Geschichte von Frédéric.“).

[51]Ebd. S.19. – Mit Blick auf Pierre Bourdieu: Zur Soziologie der symbolischen Formen [1970]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1974 entfalten übrigens Bourdieus posthum veröffentlichte Vorlesungen über Manet am Collège de France (1998-2000) bei gleichem terminologischen und konzeptuellen Gerüst erheblich komplexere werkspezifische Bezugswege zwischen sozialen Handlungskontexten und Édouard Manets Gemälden (Pierre Bourdieu: Manet. Eine symbolische Revolution. Vorlesungen am Collège de France 1998-2000. Mit einem unvollendeten Manuskript von Pierre und Marie-Claire Bourdieu [2013]. Berlin: Suhrkamp 2015).

[52] Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von Kultur [1973], in: Ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1983, S.7-43, hier S.43

[53] Peter M. Hejl: Die zwei Seiten der Eigengesetzlichkeit. Zur Konstruktion natürlicher Sozialsysteme und zum Problem ihrer Regelung, in: Siegfried J. Schmidt (Hg.), Kognition und Gesellschaft. Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus 2. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1992, S.167-213, hier S.193.

[54] Niklas Luhmann: Gesellschaftliche Struktur und semantische Tradition, in: Ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Band 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1980, S.9-71, hier S.15.

[55]Niklas Luhmann: Die Soziologie des Wissens: Probleme ihrer theoretischen Konstruktion, in: Ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Band 4. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1995, S.151-189, hier S.159.

[56]Oliver Jahraus: Die Unhintergehbarkeit der Interpretation im Rahmen literaturwissenschaftlicher Theoriebildung, in: Ders. / Bernd Scheffer (Hgg.), Interpretation, Beobachtung, Kommunikation. Avancierte Literatur und Kunst im Rahmen von Konstruktivismus, Dekonstruktivismus und Systemtheorie (IASL 9, Sonderheft), Tübingen 1999, S.241-291, hier S.265.

[57]> Rudolf Stichweh: Semantik und Sozialstruktur: Zur Logik einer systemtheoretischen Unterscheidung, in: Soziale Systeme. Zeitschrift für soziologische Theorie 6 (2000), S.237-250.

[58] Niklas Luhmann: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1984, S.224.

[59] Niklas Luhmann: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1997, S.887.

[60] Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft [1980]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1987, S.102-103.

[61] Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft [1980]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1987, S.104-105.

[62] Roland Posner spricht gar von „Mentefakten“, siehe Roland Posner: Kultursemiotik, in: Ansgar Nünning / Vera Nünning (Hgg.), Einführung in die Kulturwissenschaften. Theoretische Grundlagen – Ansätze – Perspektiven. Stuttgart u.a.: Metzler 2008, S.39-72, hier S.53; ebd. auch zur „mentalen Kultur als Menge von konventionellen Codes“, die – wie ‚Habitus‘ und ‚Wissen‘ – wiederum zwischen Sozialsystem („Gesellschaft als Menge von Zeichenbenutzern“) und „materialer Kultur“ als „Menge von Texten“ vermittle (S.54).

[63] Zum ‚Kultur‘-Begriff siehe Claus-Michael Ort: Kulturbegriffe und Kulturtheorien, in: Ansgar Nünning / Vera Nünning (Hgg.), Konzepte der Kulturwissenschaften. Theoretische Grundlagen – Ansätze – Perspektiven. Stuttgart u.a.: Metzler 2008, S.19-38, insbesondere S.25-35.

[64]Michel Foucault: Archäologie des Wissens [1969], Frankfurt/M.: Suhrkamp 1981, S.74.

[65] Michael Titzmann: Skizze einer integrativen Literaturgeschichte und ihres Ortes in einer Systematik der Literaturwissenschaft, in: Ders. (Hg.), Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen: Niemeyer 1991, S.395-438, hier S.403.

[66] Ralf Klausnitzer: Literatur und Wissen. Zugänge – Modelle – Analysen, Berlin u.a.: de Gruyter 2008, S.12-13.

[67] Birgit Neumann: Kulturelles Wissen und Literatur, in: Marion Gymnich / Birgit Neumann / Ansgar Nünning (Hgg.): Kulturelles Wissen und Intertextualität. Theoriekonzeptionen und Fallstudien zur Kontextualisierung von Literatur. Trier: WVT 2006, S.29-51, hier S.43.

[68] Siehe schon Claus-Michael Ort: Vom ‚Text‘ zum ‚Wissen‘. Die literarische Konstruktion sozio-kulturellen Wissens als Gegenstand einer nicht-reduktiven Sozialgeschichte der Literatur, in: Lutz Danneberg / Friedrich Vollhardt (Hgg.), Vom Umgang mit Literatur und Literaturgeschichte. Positionen und Perspektiven nach der ‚Theoriedebatte‘. Stuttgart: Metzler 1992, S.409-441, insbesondere S.414.

[69]Siehe noch einmal Andreas Reckwitz: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms. Weilerswist: Velbrück 2000, S.542-643; Reckwitz betont die inhomogene ‚Interferenz‘ von Ausdrucksbeziehungen, „logische[r] Abhängigkeit“ und „kausale[r] Konstitution“ (S.647) und deren „interpretative Unterbestimmtheit“ (siehe S.617-643) und er fordert eine „gründlichere Reflexion“ und „zugleich radikalere Behandlung“ der „Frage“ nach ihrer „Relation“ (S.637).

[70] Eva Horn: Literatur: Gibt es Gesellschaft im Text?, in: Stephan Moebius / Andreas Reckwitz (Hgg.), Poststrukturalistische Sozialwissenschaften. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2008, S.363-381, kritisiert als „blinde[n] Fleck“ der Literatursoziologie „die Vorstellung einer einfachen – sei es symptomalen, sei es thematischen – Lesbarkeit literarischer Texte. Diese Vorstellung beruht auf der Annahme, dass die Sprache der Literatur […] die Sprache (nichtliterarischer) gesellschaftlicher Kommunikation sei“ (S.366). Dass dieser notorische Kurzschluss zusehends als Fehlschluss erkannt wird, verdankt sich offenkundig auch poststrukturalistischen Interventionen. Horn selbst plädiert für eine diskursanalytische und ‚wissenspoetologische‘ Option (S.371-376).

[71] Karl Mannheim: Ideologische und soziologische Interpretation der geistigen Gebilde [1926], in: Ders., Wissenssoziologie. Auswahl aus dem Werk. Hg. von Kurt H. Wolff. Neuwied u.a.: Luchterhand ²1970, S.388-407, hier S.394f. und S.406; siehe auch schon die „drei Arten des Sinnes“ in Karl Mannheim: Beiträge zur Theorie der Weltanschauungsinterpretation [1921/22], in: Ebd. S.91-154, hier S.103-129.

[72]Siehe auch die schematische Darstellung in Claus-Michael Ort: Vom ‚Text‘ zum ‚Wissen‘. Die literarische Konstruktion sozio-kulturellen Wissens als Gegenstand einer nicht-reduktiven Sozialgeschichte der Literatur, in: Lutz Danneberg / Friedrich Vollhardt (Hgg.), Vom Umgang mit Literatur und Literaturgeschichte. Positionen und Perspektiven nach der ‚Theoriedebatte‘. Stuttgart: Metzler 1992, S.409-441, hier S.424.